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Schwanger ohne Druck?!

Darf ich vorstellen? Ich bin Caro, Heimchen am Herd, rückschrittlich, altbacken, weltfremd, Ex-Feministin, sowieso eine Schande für die gesamte Welt der Frauen. Warum? Weil ich mit 26 Jahren bereits verheiratet und in der 31. Woche schwanger bin.

Es ist doch erstaunlich: Ich lebe in einer Gesellschaft, die sich dafür rühmt, Frauen zu unterstützen, Gleichberechtigung zu fördern und allgemein aufgeschlossen, tolerant und offen zu sein. Aber wie sieht es mit den Frauen aus, die sich eine Familie wünschen und darauf freuen, Ehefrau und Mutter zu sein? Warum muss ich mich als Belastung oder als Schande fühlen?

Klischees und Vorurteile

Ich spüre die kritischen und zweifelnden Blicke, wenn sie erfahren, wie alt ich bin und dass ich schwanger bin. Manchmal bleibt es nicht bei den Blicken und es kommt zur Diskussion: „Du bist schwanger? Aber dann kannst du nie Karriere machen! Du hast dann immer eine Last, kannst nie mehr spontan und frei entscheiden.“ Oder: „Willst du nicht mehr vom Leben? Du lebst dann nur noch für andere.“

Und dann gibt es noch direkte Vorwürfe: „Wegen Leuten wie dir werden Frauen immer noch ungerecht behandelt!“, „Du bist ein Heimchen am Herd!“, „Du bist so rückschrittlich!“, „Hast du in der Schule nicht aufgepasst? Frauen sollten Karriere machen und sich nicht als Hausfrau versklaven lassen!“, „Kein Wunder, dass Frauen immer noch diskriminiert werden, wenn es solche Exemplare wie dich gibt!“.

Ich wollte mein Kind von Anfang an und freue mich darauf, so wie mein Mann und mit uns die ganze Familie. Aber ich empfinde großes Mitgefühl für die Frauen, die ungeplant schwanger werden und vielleicht nicht ihre Partner, die Familie oder wenigstens ihre Freunde hinter sich haben.

Junge Frauen unter Druck

Sie sind mit denselben Vorwürfen und Vorurteilen konfrontiert wie ich, müssen sich als Systemschmarotzer abstempeln lassen. Sie werde schief angeschaut, wenn sie das Kind bekommen wollen, aber das Studium noch läuft, die Lehre noch nicht abgeschlossen ist, oder vielleicht kein fester Partner in Sicht ist.

Noch dazu werden jeder jungen Frau die gesellschaftlichen Ideale von heute aufgedrückt: Erstmal arbeiten und Karriere machen, sich finanziell und materiell absichern. Dann kann man vielleicht darüber nachdenken, eine Familie zu gründen. Das heutige Ideal ist aber das „Bossgirl“ – da steht die Mutterschaft dem Frausein als Todfeind entgegen.

Wenn ich mir da eine Frau im Schwangerschaftskonflikt vorstelle, die mit diesen Idealen konfrontiert ist und die Umstände dazu schwierig sind, tut sie mir wirklich leid. Wie soll man so einem Druck standhalten? Oftmals lautet der Rat, „einfach“ eine Abtreibung durchführen zu lassen, da man ja später noch Kinder bekommen kann.

Ich kenne einige Frauen, die auf diesen Rat und die gesellschaftlichen Ideale hörten und tatsächlich eine Abtreibung durchführen ließen – zu ihrem Leidwesen. Sie bereuten diese Entscheidung und knabbern noch Jahre später daran. Aber ich kenne auch Frauen, die allem getrotzt und sich für ihr Kind entschieden haben. Sie sind froh, jetzt ihre kleinen Schätze zu haben.

Ich wünsche jeder Frau den Mut und die Freiheit, nicht auf den Mainstream der Gesellschaft, sondern auf ihr Herz zu hören. Denn eine Schwangerschaft kann durch eine Abtreibung nicht rückgängig gemacht werden und schlägt Wunden, die lange brauchen, um zu heilen. Ein Kind ist ein wahrer Schatz im Leben einer Frau und ich wünsche jeder Schwangeren, ob geplant oder ungeplant, dass sie das entdecken darf.

Alles Liebe
Carolin Brändle (Generalsekretärin)

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