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Ich freu mich auf dich

February 18, 2020 #fairändern 0 Comments

Hallo Welt,

Ich bin Livia und seit heute genau sechs Jahren halte ich meine Familie – meine Mama und meine Schwestern – ordentlich auf Trab. Im Sommer kamen noch ein „Ersatz-Papi“ und drei weitere „Zusatz-Geschwister“ hinzu.

Dass ich das Familienleben tagtäglich auf den Kopf stellen kann, ist keine Selbstverständlichkeit, denn ich bin etwas „anders“ als andere Kinder.

Als Mama mit mir schwanger war, erfuhr sie nämlich in der 26. Schwangerschaftswoche, dass ich zu klein bin und es folgten schreckliche Verdachtsdiagnosen. Der Arzt, der Mama untersuchte, vermutete einen schweren Herzfehler und eine schwere geistige Behinderung. Als er auf dem Ultraschall meinen Kopf suchte, versteckte ich mich gut: Ich kuschelte mich ganz fest in Mamas Mutterkuchen und hielt stattdessen meine Hand ausgestreckt hin, um ihr zu zeigen, dass ich Hilfe brauchte …

Zum Glück hat meine Mama mich verstanden und so kann ich auf meine eigene tolle Art meine Familie glücklich machen, mit allen viel kuscheln, sämtliche Fahrzeuge (ich liebe von Traktor bis Motorrad alles mit Reifen) begutachten und das Leben genießen. Und ich genieße es sehr! Ich lebe so gerne, denn ich hätte ein paar Mal die Möglichkeit gehabt, diese Welt wieder zu verlassen, doch ich wollte und will hier bleiben!

Nun lasse ich aber Mami erzählen:

Als ich in der 26. Schwangerschaftswoche erfuhr, dass meine jüngste Tochter nicht gesund ist, brach eine Welt für mich zusammen. Vor allem, als der Arzt meinte, dass ich ja die Möglichkeit eines Fetozids hätte. Als ich das hörte, kamen mir die Tränen und ich stand erstmal unter Schock! Ich muss gestehen, es schockiert mich immer noch. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, dass man bis zum Einsetzen der Wehen sein Kind abtreiben lassen kann!

Für mich war das NIE eine Option! Natürlich stellte ich mir auch die Frage, ob ich der neuen Aufgabe gewachsen sei, doch die größte Angst war, dass ich mein Baby verlieren könnte…

Nach 29+1 Wochen musste dann meine Tochter via Notkaiserschnitt geboren werden. Zum Glück hat sie gleich geatmet und obwohl sie winzig (30 cm 564 g) war, war sie eine große Kämpferin und ist es noch. Leider erkrankte im Alter von sechs Monaten schwer, doch die Diagnose folgte erst vier Monate später: West Syndrom. Wieder musste sie kämpfen. Sie fiel in ihrer Entwicklung stark zurück. Es stellte sich auch heraus, dass ihr Kleinhirn zu klein ist, weswegen sie in der gesamten Entwicklung langsamer ist.

Aber gerade DESHALB erleben wir so viele Glücksmomente, weil nichts selbstverständlich ist. Jeder Entwicklungsschritt ein Wunder. Meine kleine Tochter erwärmt viele Herzen mit ihrer fröhlichen, freundlichen Art. Und sie ist unsere beste Fitnesstrainerin –  sie hält uns stets auf Trab.

Wir sind überglücklich über diese Bereicherung in unserem Leben!

Schon meine Älteste (damals 13) sagte zu ihrer jüngsten Schwester noch im Bauch: “Ich freu mich auf dich und es ist mir egal, ob du behindert bist oder nicht!“ Auch die Mittlere meinte: “Ich bin so froh, dass du lebst, denn ich bin so gerne eine große Schwester!“ Auch ich würde sie nicht anders wollen. Sie ist perfekt, wie jedes andere Kind auch.

Das Leben mit behindertem Kind ist zwar etwas anders, aber nicht weniger schön. Ganz im Gegenteil! Das Schlimme sind die Probleme und Hürden, die von außen kommen … Doch gerade unsere Kleinste gibt uns allen so unglaublich viel Kraft alles durchzustehen.

Jedes Kind hat ein Recht zu leben!

Linda und Livia W.

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