Ein Himmel voller Geigen?

Alles begann so wunderbar und der Himmel hing voller Geigen. Es war im November 1981, ich war 20 Jahre alt und verliebt in einen tollen Mann (ich nenne ihn hier Hannes). Nach ein paar Monaten der Beziehung stellte ich mit Erschrecken fest, dass ich schwanger war, obwohl dies laut meinem damaligen Gynäkologen eigentlich nicht hätte passieren dürfen. Ich stammte aus einer gutbürgerlichen Familie, in der außereheliche Schwangerschaft verpönt war.

Als ich meinen Partner von meiner Schwangerschaft in Kenntnis setzte, reagierte dieser sehr klar. Er sei noch zu jung und könne sich nicht vorstellen, jetzt schon eine Familie zu haben. Sollte ich das Kind bekommen, müsste ich das allein schaffen. Kurz zuvor hatte ich eine neue Stellung angetreten, meine Mutter war kränklich und ich konnte von Seiten meiner Eltern nicht mit viel Unterstützung rechnen. Ich sah mich außer Stande ein Kind allein großziehen.

Nach Rücksprache mit meiner Schwester (und besten Freundin) entschied ich mich, dass ich abtreiben werde. Die Entscheidung für eine Abtreibung musste schnell getroffen werden und ich überdachte sie auch nicht mehr. Es passierte in Wien in einer Privatordination. Alles ging sehr schnell. Als ich nach der Narkose aufwachte, wusste ich, dass ich einen großen Fehler begangen hatte.

Das Leben nahm seinen Lauf und die Jahre verflogen: ich heiratete Hannes, wir bekamen ein paar Jahre später eine Tochter, alles sah nach Aussen hin gut aus, aber es war von Anfang an eine schwierige Beziehung. Die Abtreibung war eine Last, die schwer auf mir lag und die ich nicht abschütteln konnte, so sehr ich mich auch bemühte.

Auf der Suche nach Erfüllung kam ich mit Esoterik in Berührung, anfangs durch Reiki, später auch mit allen Arten von „Engelarbeit“. Je erfolgreicher ich darin war, umso mehr entfernte ich mich von meinem Mann und unsere Ehe scheiterte.

Von der Last befreit

Mit 50 Jahren zog ich aus und begann ein neues Leben. Dieses dauerte jedoch nicht so lange, wie ich geplant hatte. Denn kaum war ich in meinem neuen Zuhause angekommen, hatte ich einen Unfall und verletzte mich schwer. In dieser Zeit half mir Hannes und war an meiner Seite und nach und nach kamen wir uns vorerst als Freunde wieder näher. In dieser Zeit hinterfragte ich meine esoterische Arbeit immer öfter, weil ich meine Engel immer weniger „spürte“ und wahrnahm.

Zu dieser Zeit telefonierte ich mit einer Freundin, mit deren Aussagen über Jesus ich bis dahin nicht viel anfangen konnte. Noch während dieses Telefonats wurde ich von der schweren Last der Abtreibung befreit und konnte wieder durchatmen.

Wenn ich an mein erstes Kind denke, das ich damals nicht angenommen habe, dann sind schon noch Wehmut und ein starkes Bedauern da, aber kein Groll, kein Schmerz und kein Vorwurf. Ich weiß, dass ich das meinem Glauben zu verdanken habe!

Damals war ich mir sicher, dass mich der Vater meines Kindes verlassen würde. Heute weiß ich, dass mein Mann auch zu dem Kind gestanden wäre. Mein Fehlschluss war es, zu glauben, dass die Entscheidung augenblicklich getroffen werden muss, dass ich ganz bestimmt allein dastehen würde. Heute bin ich mir sicher, dass sich mit einem Gespräch vieles geändert hätte.

Seit Jahren ist mir schon bewusst, dass es nicht fair wäre, anderen die Schuld zuzuschieben. Egal, wie mein Umfeld damals reagierte – es war letztlich meine eigene Entscheidung.

Ich möchte jeder Frau, die in dieser Situation steckt, sagen, dass es oft eine Falle ist, wenn man denkt, man schafft es nicht, ein Kind großzuziehen oder dass es der falsche Zeitpunkt ist. Es ist eine Entscheidung, die man nicht mehr rückgängig machen kann und die einen für den Rest des Lebens begleitet!

Bitte lasst euch nicht entmutigen – überdenkt noch einmal alles, lasst euch beraten und nicht in einen übereilten Entschluss hineintreiben!

Judith

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