Unsere Lebens-Träume sind wichtig! Wenn es manchmal im Leben anders kommt als erwartet, heißt es nicht unbedingt, dass die Träume „zerplatzten“! Mit der Bereitschaft ein Kind zur Adoption freizugeben, rettet man nicht nur ein Menschenleben, sondern beschenkt auch jenes vieler weiterer Menschen, angefangen von den zukünftigen Eltern. Wir sind glückliche Adoptiveltern zweier wunderbarer Kinder und der Frau, die das möglich gemacht hat, für immer unendlich dankbar! Ohne sie persönlich zu kennen, ist sie für uns eine Heldin. Denn sie hat sich einst entschieden unsere zwei Kinder leben zu lassen und hat somit beigetragen, dass unser Traum als Familie wahr wurde.
Unserer Erfahrung nach, ist eine Adoption keine schlechtere Alternative, sondern eine viel bessere!
Vergleichen Sie selbst die beiden Möglichkeiten. Abtreibung: seelische Verstörung + zerstörtes Kinderleben = schnelle gegenwärtige Lösung mit ungeahnten Nebenwirkungen VERSUS glückliche Kindheit + eine glückliche Familie = Investition in die Zukunft.
Pränatalberatung bei unerwarteter Diagnose
Mein Mann und ich werden diesen Moment nie vergessen, als die Gynäkologin beim Organscreening in der 20. Schwangerschaftswoche innehielt, mich ansah und fragte: “Haben Sie die Nackenfaltenuntersuchung in der 12. SSW nicht gemacht?”
Nachdem ich verneinte, rief sie ihre Kollegin und die beiden unterhielten sich leise, während ich immer nervöser wurde und meinen ebenso nervösen Mann verzweifelt ansah. Es stellte sich heraus, dass unser Sohn Camillo einen Herzfehler hatte, den auch 50% der Kinder mit Trisomie 21 haben.
Schockiert und erstarrt
Die Ärztin klärte uns über die Wahrscheinlichkeit einer Trisomie 21 und die Risiken einer Fruchtwasseruntersuchung auf, ohne unsere emotionale Starre wahrzunehmen. Auch verwies sie uns nicht an eine psychologische Beratung, sondern klärte uns nur darüber auf, dass wir uns sobald wie möglich gegen oder für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden müssten.
Wie man sich vermutlich vorstellen kann, waren wir in den ersten Tagen unter Schock und handlungsunfähig. Diese unerwartete Nachricht stürzte uns in eine emotionale Krise, wie das meistens Menschen passiert, die mit etwas konfrontiert werden, womit sie in keinster Weise gerechnet hatten.
Akzeptanz und Annahme
Doch mit der Zeit akzeptierten wir die Tatsache, ein Kind mit Beeinträchtigung zu bekommen und unsere Liebe für dieses Wunschkind war grösser als die Angst vor dem Ungewissen. Wir begannen, uns sogar auf dieses neue Abenteuer zu freuen.
Camillo kam schließlich mit Trisomie 21 auf die Welt, sein Herzfehler wurde korrigiert und es geht ihm gut. Und uns auch. Er ist heute acht Jahre alt und unser drittes von vier Kindern. Wir hatten das unglaubliche Glück, dass weder ich noch mein Mann eine Minute in Erwägung gezogen hatten, Camillo abzutreiben.
Aber das Glück, so auf einer Linie zu stehen, hat nicht jedes Paar und ist nicht selbstverständlich. Im Laufe der letzten acht Jahre habe ich einige Familien kennengelernt, die auch noch nach vielen Jahren mit ihrem Schicksal hadern, ein Kind mit einer Beeinträchtigung zu haben.
Folgenreiche Entscheidungen
Diese Beobachtung und unsere im Gegensatz dazu positive übereinstimmende Haltung hat mich dazu bewegt, die Ausbildung zur psychologischen Beraterin zu machen, mit Schwerpunkt Pränatalberatung. Diese Resonanz und meine eigene Erfahrung haben mir bewiesen, wie wichtig es ist, in der Schwangerschaft von einem psychologischen Berater begleitet zu werden. Sie / Er kann den werdenden Eltern helfen, verdeckte Ressourcen freizulegen, die das Paar benötigt, um sich diese neue unbekannte Herausforderung des Lebens zuzutrauen.
Und falls sich ein Paar nach einer oder mehreren Beratungseinheiten gegen das Kind und für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, dann sollte es diese psychologisch folgenträchtige Entscheidung gut reflektiert und nach bestem Wissen und Gewissen treffen. Außerdem kann ich nicht genug betonen, wie wichtig die psychologische Unterstützung auch während und nach dem Prozess der Abtreibung ist. Denn sich für einen Abbruch zu entscheiden ist sicherlich keine leichte Entscheidung und das Thema ist damit nicht von einem auf den anderen Tag vom Tisch.
Ein Pränataldiagnostiker hat einmal zu mir gesagt: “Das schwierige an dieser Entscheidung ist, dass es den werdenden Eltern wie die Wahl des geringeren Übels erscheint.” Das klingt hart und ich war anfangs über diese Aussage entsetzt, aber wenn die werdenden Eltern mit dieser unerwarteten Diagnose konfrontiert werden, trifft das wahrscheinlich in vielen Fällen zu. Und deshalb ist es so unglaublich wichtig, dieses in dem Moment geringere Übel mit größter Überzeugung zu wählen.
Auch wenn es mir sehr schwerfällt einen Zusammenhang zwischen einem Übel und einem werdenden Leben zu sehen. Ich persönlich muss nach acht Jahren mit unserem Camillo sagen, dass wir zu 100% die richtige Entscheidung getroffen haben!
Eure Valerie De Agostini
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