Am 29. September wird in Österreich ein neuer Nationalrat gewählt. Wir haben den 200 aussichtsreichsten Kandidaten von ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grünen, NEOS, KPÖ, Wandel und Bierpartei eine Umfrage zu den Kernpunkten von #fairändern zukommen lassen. Hier finden Sie die eingegangenen Antworten.
Von den Parlamentsparteien SPÖ, Grüne und NEOS kamen leider keine Antworten. Auf der Pressekonferenz der Grünen vom 24.9.2024 spricht Ministerin Alma Zadic von einem „Recht auf Abtreibung“ Für die SPÖ Frauenvorsitzende Wiens, Marina Hanke, sind “flächendeckende und kostenfreie Schwangerschaftsabbrüche in ganz Österreich” eine zentrale Forderung. Die NEOS in Österreich haben sich in jüngster Zeit mehrfach klar für den sicheren und uneingeschränkten Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen ausgesprochen.
Wir geben keine Wahlempfehlung ab!
Die Wahlentscheidung ist eine sehr persönliche und hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, auf keinen Fall wollen wir eine Wahlempfehlung abgeben. Die hier angeführten Antworten der Kandidaten und Kandidatinnen dienen allein der Orientierung über die Positionen zu #fairändern bzw. diesem Themenbereich.
Uns ist die Komplexität des Themas bewusst und eine Ja/Nein Antwort gibt den Sachverhalt teilweise nur verkürzt wieder. Trotzdem gibt die Auswertung einen Überblick zu den Standpunkten der Parteien bzw. einiger Vertreter.
Die Befragung
Die aussichtsreichsten Kandidaten für den Nationalrat haben via E-Mail einen Link zu einer Online-Befragung erhalten. Bei den Fragen 1-5 sowie 7 hatten sie die Möglichkeit, mit “Ja", “Nein" oder “keine Angabe" zu antworten. Die ausführlichen Antworten auf Frage 6 finden Sie weiter unten.
Frage 1: Schätzungen zufolge werden in Österreich jährlich 35.000 Abtreibungen durchgeführt. Sind Sie für eine anonyme Erforschung der Beweggründe bei Schwangerschaftsabbrüchen, um gezielt Unterstützung anbieten zu können?
Frage 2: Vielfach wissen Frauen nur ungenügend über ihre Rechte und Möglichkeiten Bescheid, wenn sie sich in der Situation einer ungeplanten Schwangerschaft befinden. Sollte der Arzt/die Ärztin Schwangere auf Unterstützungs- und Beratungsangebote hinweisen?
Frage 3: Unterstützen Sie die Einführung einer mindestens 3-tägigen Bedenkzeit (Cooling-Off-Phase) zwischen Anmeldung und Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs, wie dies auch bei vielen anderen operativen Eingriffen vorgesehen ist?
Frage 4: Manche Paare in Österreich sind unfreiwillig kinderlos. Stimmen Sie zu, dass Adoption als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch gesellschaftlich aufgewertet werden und einen positiven Imagewandel erfahren sollte?
Frage 5: Ungeplant schwangere Frauen sollen stärker unterstützt und beraten werden, um ein Ja zum Kind ermöglichen. Stimmen Sie wie rund 77 % der Bevölkerung dieser Aussage zu?
Frage 7: Seit 1975 können in Österreich Kinder mit Verdacht auf Behinderung bis zur Geburt abgetrieben werden. (§ 97 StGB Absatz 1 Ziffer 2, die sogenannte embryopathische Indikation). Sollen ungeborene Kinder mit Verdacht auf Behinderung zukünftig den gleichen Schutz des Gesetzes genießen wie jene ohne diesen Verdacht?
Bei Frage 6 war eine freie Antworten möglich. Die Antworten zu dieser Frage sind hier ersichtlich:
Laut der genannten Umfrage steht jede zweite Frau unter äußerem Druck in Richtung Abtreibung. Welche Vorschläge haben Sie, um hier von politischer Seite Verbesserungen zu erwirken?
Gudrun Kugler (ÖVP) | Wichtig sind mir eine Bedenkzeit vor Abtreibung und ein Ende der Spätabtreibungen; ebenso die Beibehaltung des Personenstatus des ungeborenen Kindes, etc. Wir müssen auch in unserem öffentlichen Diskurs zeigen, dass Kinder wertvoll und eine Bereicherung sind und dass wir in Konfliktschwangerschaften helfen. Außerdem müssen wir positive Anreize für ein Ja zum Leben schaffen. Ich setze mich für ein internationales Verbot der Leihmutterschaft ein. |
Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) | Verpflichtendes umfassendes Beratungsgespräch (auch über finanzielle Leistungen, die in Ö sehr gut sind, Kinderbetreuung, rechtliche Themen….) – und psychologisches Beratungsgespräch (soll nicht vom abtreibenden Arzt geführt werden!) |
Marlis Schmidt (ÖVP) | Die Aufwertung der Adoptionsmöglichkeit sollte nicht nur in Richtung der Adoptierenden erfolgen, sondern auch gegenüber den Frauen, die keinen anderen Ausweg als Abtreibung sehen. Eine genaue Aufklärung über die Unterstützungsmöglichkeiten nach der Geburt ist zu intensivieren. |
FPÖ Parteizentrale | Freiheitliche Familienpolitik rückt die Familie in den Mittelpunkt. Die Entscheidung für Familie und Kinder darf nicht zu persönlichen, finanziellen oder beruflichen Nachteilen führen. Wir wollen zukünftigen Jungfamilien das Ja zur Familie erleichtern und eine proaktive Familienpolitik betreiben. Junge Menschen sollen überdies zu Beginn ihres Berufslebens von Steuern entlastet werden, um finanziellen Spielraum für die Familiengründung zu schaffen. Wir stehen zur Beibehaltung der aktuell gültigen Fristenlösung und dem gleichzeitigen Ausbau des Beratungsangebots bei gleichzeitiger Verbesserung der Rahmenbedingungen wie zum Beispiel dem Ausbau der finanziellen Unterstützung. Es braucht ein Umdenken, damit der erste Gedanke einer schwangeren Frau nicht der Schwangerschaftsabbruch ist. Denn es handelt sich um ein Leben, für das es eine Verantwortung zu tragen gilt. Eine verpflichtende anonymisierte statistische Erfassung von Schwangerschaftsabbrüchen ist daher unbedingt notwendig. |
Gerhard Kaniak (FPÖ) | Wir brauchen auf politischer und gesellschaftlicher Ebene ein klareres Bekenntnis zur Familie mit Kindern und eine größere Unterstützung all jener Frauen, die sich für Kinder entscheiden. Es darf nicht sein, dass aus wirtschaftlicher Not oder gesellschaftlichem Druck eine Abtreibung gegen den eigentlichen Wunsch der Mutter durchgeführt wird! Bessere Beratung über Alternativen sowie konkretere Unterstützung bei der Entscheidung FÜR das Kind können hier sicherlich Abhilfe schaffen. |
Sebastian Schwaighofer (FPÖ) | Grundsätzlich muss es für Politiker oberste Priorität sein, eine Kultur zu fördern, in der Elternschaft nicht nur finanziell unterstützt wird, sondern in der das Wunder des Lebens auch kulturell und gesellschaftlich wieder eine vollends positive Rolle einnimmt. Die Entscheidung, ein Kind auf die Welt zu bringen, darf weder aus wirtschaftlichen noch aus gesellschaftlichen Gründen zu Nachteilen führen, auch nicht in prekären Verhältnissen. Kindergeschrei ist Zukunftsmusik, und für mich steht fest, dass ich alles tun werde, um Maßnahmen zu unterstützen, die dazu beitragen, diesen Druck zu reduzieren. |
Christian Schandor (FPÖ) | Bessere Beratung, mehr Information |
Fabian Walch (FPÖ) | Prinzipiell muss das Mutterwerden wieder aufgewertet werden. Kinder dürfen nicht länger als finanzielle Belastung, “Karierre- oder Klimakiller" gesehen werden. Vielmehr sollen sie als das gesehen werden, was sie sind: Ein Geschenk und Lebensinhalt. Wir müssen sicherstellen, dass von staatlicher Seite genug Unterstützung bereitgestellt wird und Frauen animiert werden, sich für ihr Kind zu entscheiden. Jeder Euro, der dafür aufgewendet wird, dass sich eine Frau für ihr Kind entscheidet, ist ein gut investierter. Die Politik muss ganz allgemein alles daran setzen, die Familie als Keimzelle unserer Gesellschaft zu stärken. Ohne Kinder brauchen wir keine Politik machen, da es dann keine Zukunft gibt. |
KPÖ Parteizentrale | Vor allem nach der Geburt eines Kindes ist es bei Frauen häufig so, dass sie schlechter bezahlte Jobs annehmen müssen, es einen “Karriereknick" gibt und sie häufig in Teilzeit arbeiten, weil sich die Care Arbeit zuhause, Betreuungspflichten und die Berufstätigkeit in Österreich sehr schwer unter einen Hut bringen lassen. Das führt zu oftmals prekären finanziellen Situationen – in der Erwerbstätigkeit, vor allem aber später in der Pension. Flächendeckende, kostenlose Kinderbetreuung würde Frauen, die Kinder haben wollen, massiv unterstützen, um weiterhin ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben führen zu können. Dennoch ist es nach Ansicht der KPÖ entscheidend, dass Frauen immer den Zeitpunkt und die Situation, in der sie Kinder bekommen – oder eben nicht bekommen frei und selbstbestimmt entscheiden können. Die Entscheidung, ein Kind auszutragen und zu bekommen, ist ein höchstpersönliche, das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche für uns als KPÖ absolut unstrittig. |
Weitere Anmerkungen:
Joachim Schnabel (ÖVP) | Bei der letzten Frage würde ich zu ja tendieren, aber eine generelle Gleichstellung ohne geregelte Ausnahmen ist meiner Meinung nicht möglich. |
Marlis Schmidt (ÖVP) | Klar ist, dass diese Kinder (Anm. Kinder, die einen Verdacht auf Behinderung haben.) den gleichen Schutz genießen sollen, doch damit einhergehen muss auch ein klarer Weg der Unterstützung für Familien mit Kindern mit Behinderung. |
FPÖ Parteizentrale | Ein Fötus mit einer absehbaren Behinderung darf keinesfalls als unwertes Leben betrachtet werden. Vielmehr liegt es in unserer Verantwortung, Menschen mit Behinderungen als vollwertige und gleichwertige Mitglieder unserer Gesellschaft zu erkennen und zu integrieren. Die FPÖ lehnt die eugenische Indikation entschieden ab, da wir der Überzeugung sind, dass Entscheidungen über Abtreibungen nicht auf genetischen Kriterien basieren sollten. Die menschliche Würde und der Wert eines jeden Lebens dürfen nicht durch genetische Merkmale infrage gestellt werden. Die FPÖ setzt sich daher für eine ethisch fundierte Betrachtung ein, die die Integrität und den Wert jedes menschlichen Lebens wahrt und die Prinzipien von Lebenswürde und Respekt hochhält. |
Gerhard Kaniak (FPÖ) | Einer Änderung der aktuellen gesetzlichen Regelungen ist ein hochemotionales Thema, deshalb sollte einer solchen eine umfangreiche wissenschaftliche Erhebung der tatsächlichen Motive und Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche vorangehen. Erst auf Basis dieser Daten kann eine objektive Diskussion geführt werden und auch auf gesetzlicher Ebene in jenen Bereichen “nachgebessert" werden, wo es tatsächlich erforderlich ist. |
Fabian Walch (FPÖ) | Uns Menschen obliegt es nicht, über Leben und Tod anderer zu entscheiden. Aus diesem Grund wurde einmal die Todesstrafe abgeschafft. Mit dieser Grundhaltung ist es völlig klar, dass Abtreibungen eine moralische Bankrotterklärung darstellen. Manche versuchen die ganze Welt zu retten, haben aber kein Problem damit, ein Baby im Mutterleib zu töten… das ist eine fürchterliche Schieflage. Niemand von uns kann entscheiden, welches Leben lebenswert ist und welches nicht. Niemand kann vorhersagen, ob ein Leben glücklich sein wird oder nicht. Aber jedes Leben ist es wert, gelebt zu werden. |
KPÖ Parteizentrale | Für die KPÖ ist das Recht auf die Selbstbestimmung über den eigenen Körper eines der wichtigsten Rechte von Frauen. Wir fordern kostenlose Schwangerschaftsabbrüche auf Krankenschein – für alle Frauen, die das möchten. Zahlreiche Expert:innen, die sich mit Schwangerschaftsabbrüchen auseinandersetzen bzw. in diesem Gebiet höchstprofessionell arbeiten, sind überzeugt davon, dass es keine statistische Erhebung der Gründe braucht, da diese hinlänglich bekannt sind. Frauen müssen jederzeit höchstpersönlich entscheiden können, wann und ob sie Kinder bekommen. Ein bedingungsloses Bekenntnis zu Schwangerschaftsabbrüchen bedeutet nicht, dass es nicht viel zu tun gibt, um Frauen und Mütter in Österreich besser zu unterstützen. Vor allem Alleinerzieherinnen sind überdurchschnittlich stark armutsgefährdet, Kinderbetreuung ist in Österreich teuer und unflexibel, Geschlechterklischees noch immer sehr stark vorhanden, Care Arbeit wird leider nicht solidarisch zwischen Männern und Frauen aufgeteilt! |