Unsere Lebens-Träume sind wichtig! Wenn es manchmal im Leben anders kommt als erwartet, heißt es nicht unbedingt, dass die Träume „zerplatzten“! Mit der Bereitschaft ein Kind zur Adoption freizugeben, rettet man nicht nur ein Menschenleben, sondern beschenkt auch jenes vieler weiterer Menschen, angefangen von den zukünftigen Eltern. Wir sind glückliche Adoptiveltern zweier wunderbarer Kinder und der Frau, die das möglich gemacht hat, für immer unendlich dankbar! Ohne sie persönlich zu kennen, ist sie für uns eine Heldin. Denn sie hat sich einst entschieden unsere zwei Kinder leben zu lassen und hat somit beigetragen, dass unser Traum als Familie wahr wurde.
Unserer Erfahrung nach, ist eine Adoption keine schlechtere Alternative, sondern eine viel bessere!
Vergleichen Sie selbst die beiden Möglichkeiten. Abtreibung: seelische Verstörung + zerstörtes Kinderleben = schnelle gegenwärtige Lösung mit ungeahnten Nebenwirkungen VERSUS glückliche Kindheit + eine glückliche Familie = Investition in die Zukunft.
Mein Leidens- und Liebesweg
Anfang September 2018 beschlossen mein Mann und ich die Babyplanung zu starten. Mein Frauenarzt gab uns grünes Licht und wir sahen allem positiv entgegen. Was sollte auch schief gehen? Ich bin gesund, im besten Alter, stehe mit beiden Beinen fest im Leben, habe einen Vollzeitjob und bin finanziell abgesichert. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich unbesiegbar. Es funktionierte bereits im ersten Zyklus und ich war schwanger. Voller Vorfreude und Glück begann ich im Kopf schon alles zu planen. Ich kaufte bereits Babyschuhe, sah mich schon um alle möglichen Sachen um, die man für ein Neugeborenes eben benötigt. Aufgeregt ging ich in der 6. Woche auch zum Frauenarzt, welcher eine aufgebaute Schleimhaut sah und mir sagte, dass alles in Ordnung sei und dass man so früh noch nichts erkennen kann. Kurz darauf bekam ich eine Sturzblutung und begab mich daraufhin sofort ins Klinikum Klagenfurt, wo mein Frauenarzt bereits auf mich wartete.
Ich kannte Blutungen von der Schwangerschaft mit meiner Tochter, aber nicht so extrem starke. Ich wusste sofort, dass hier etwas nicht stimmt. Aber was uns dann erwartete war der Beginn der „Hölle“ – ich weiß bis heute nicht, wie wir, mein Mann und ich dies überstehen konnten und überstanden haben. Die Ärzte stellten nach mehrmaligen gynäkologischen Untersuchungen fest, dass sich der Embryo nicht in der Gebärmutter, sondern in der Kaiserschnittnarbe meiner Tochter festgesetzt hatte, dort auch wächst und sich entwickelt. Das kleine Herz schlug ganz heftig und von diesem Moment an war ich nur noch wie gelähmt. Es war ein Gefühl, als würde ich meinen Körper verlassen und nur noch von außen zuschauen, was mit mir passiert, aber ich konnte absolut nichts mehr wahrnehmen.
Mir wurde dann von verschiedenen Ärzten eingetrichtert, dass man versuchen müsse, vorrangig mein Leben zu retten und dass ich sterben würde, wenn unser Baby weiterwächst, weil mir die Kaiserschnittnarbe zerreißen würde. Also bekam ich 12 Stück der Abtreibungstabletten Mifegyne welche ich stündlich zusammen mit einem Schmerzmittel einnehmen sollte. So stapfte ich dann, komplett neben mir, nach Hause, mit den Tabletten im Gepäck, ohne zu wissen was mich erwartete. Mir wurde empfohlen die weiteren Stunden im WC zu verbringen. Dann nahm ich also diese Tabletten, es fühlte sich nicht richtig an, aber wie kann sich etwas richtig anfühlen, wenn mir bewusst ist, dass mein Baby in mir stirbt? An diesem Tag war ich komplett allein. Ich habe in meinem Leben sehr viel mitgemacht, aber dieses Gefühl zu wissen, dass ein Leben in mir zu Ende geht verfolgt mich bis heute. Es war das mit Abstand Schmerzhafteste was ich je durchleben musste.
Die Tabletten bewirkten, außer extremen Krämpfen und Schmerzen, gar nichts. Die Ärzte waren mit meinem speziellen Sonderfall überfordert. Sie wussten nicht was sie tun sollten. Es folgte eine Odyssee von unzähligen, fast täglichen ambulanten Terminen in der Gynäkologie, sowie die schlussendliche Entscheidung der Ärzte mit einer Art Chemotherapie zu beginnen, um das Zellwachstum des Embryos endgültig zu beenden. D.h. der endgültige Entschluss, dass mein ungeborenes Baby – welches bis jetzt kämpfte und sich nach wie vor weiter entwickelte – sterben muss.
Ich wurde in dieser Zeit nie gefragt, ob ich psychologische Hilfe benötigen würde und ich hatte auch keine Kraft mir selbst welche zu suchen oder sie einzufordern. Ich war wie in Trance, fühlte mich mit allem allein gelassen. Mein Mann war überfordert mit mir, mit meinem Verhalten und damit, mich weinend und vor Schmerzen kauernd am Boden liegen zu sehen oder einen Blutsturz in einer Badewanne miterleben zu müssen. Ich ließ meinen ganzen Frust, meine ganze Wut und meine ganze Trauer an ihm aus, weil er der Einzige war, der in dieser Zeit für mich greifbar war. Auf allen anderen Ebenen funktionierte ich weiter. Ich arbeitete Vollzeit, um die Familie zu erhalten, schupfte den Haushalt und war auch rund um die Uhr für meine schulpflichtige Tochter sowie meinen Ehemann da.
Einen Tag vor Weihnachten erhielt ich die letzte Spritze und es wurde keine Herzaktivität mehr festgestellt – mein Baby in mir war also tot. Die Ärzte hofften, dass es sich von selbst lösen und abgestoßen würde. Das passierte aber nicht! Vielleicht auch, weil ich nicht bereit dazu war. Ich wollte und konnte es nicht loslassen, bis heute tu ich mir schwer damit. Im Jänner erfolgte dann stationär die Einleitung der Wehen – ich sollte es „totgebären“. Aber außer einer Schmierblutung und Schmerzen ging auch hier nichts weiter, also wurde ich wieder nach Hause geschickt. So trug ich es weiter tot in mir bis März – also insgesamt 3 volle Monate. Als ich den Ärzten in meiner Verzweiflung drohte, mir das Baby bald selbst raus zu schneiden, weil ich damit nicht mehr leben könne, reagierten sie endlich auf meinen kritischen Zustand und operierten mich. Die OP war komplex, es wurde die alte Kaiserschnittnarbe aufgeschnitten. Ich bat meinen Arzt, ein Foto von meinem Baby zu machen, damit ich mich wenigstens irgendwie verabschieden kann.
Mein Mann und ich machten miteinander ein Trauerritual, suchten uns einen Platz für unsere Gedenkstätte am Kinderfriedhof, aber ich kämpfte sehr hart mit all dem was uns passiert war. Ich fühlte mich nach wie vor mit allem allein und mein Verdrängungsprozess hielt meinen ganzen Emotionen nicht mehr Stand. Der einzige Lichtblick war für mich die „Freigabe“ von meinem Gynäkologen im September, dass ich wieder schwanger werden dürfte.
Ich war zerrissen zwischen Angst & Hoffnung und es gab viele Tage, an denen ich mir wünschte, ich wäre mit diesem Baby in mir gestorben. Ich dachte sehr oft daran aufzugeben! Aber dann sah ich meine Tochter an und wusste, dass ich diese negativen Gedanken schnell wieder loswerden musste. Im September klappte es mit der Schwangerschaft wieder im ersten Zyklus. Mit dem Versprechen der Ärzte („so etwas wird nie wieder passieren“) fand ich mich im November wieder am OP-Tisch zur Absaugung unseres zweiten Sternenkindes, welches sich erneut in der Kaiserschnittnarbe eingenistet hatte. Alle Ärzte haben mir nahegelegt nie wieder schwanger zu werden.
Eine sehr liebevolle Dame half mir dann meine Ängste zu überwinden. Und so war ich Ende Jänner wieder schwanger. Bis zur 8. Woche hatten wir keinen Herzschlag – der Termin für die Curettage stand schon fest, die Abtreibungstabletten wurden mir von einer Ärztin, mit fehlender Empathie, bereits ausgehändigt. Jedoch war Aufgeben für mich kein Thema. Ich wollte dieses Kind, ich wollte diese Schwangerschaft und ich habe dafür gekämpft, dafür gebetet und gehofft. Heute ist unser Simon, trotz der äußerst problematischen Schwangerschaft, kerngesund und putzmunter. Jeden Tag, wenn er mich anlächelt, weiß ich, dass die ganzen Anstrengungen und der Kampf es wert waren und dass ich von erstem Tag an ihn geglaubt habe.
Ich fühlte mich mit diesen enormen psychologischen Belastungen, den körperlichen Qualen und der Trauer komplett allein gelassen und ich möchte nicht, dass es anderen Frauen oder Paaren in so einer Situation ähnlich ergeht. Ich hätte mir in diesem Moment eine neutrale außenstehende Person gewünscht, die einfach nur da ist, bei der ich mich ausweinen kann, bei der ich meinen Schmerz rausschreien kann und die mich einfach nur festhält, weil ich mich nicht mehr gespürt habe.
Ich möchte Frauen und Paaren, die ebenso ihr Kind gehen lassen mussten, im Trauerprozess, in der Begleitung des Weges oder mit Ritualen zum Loslassen unterstützen. Weiters möchte ich Frauen und Paare mit Kinderwunsch nach Kindsverlust, unerfüllten Kinderwunsch, Risikoschwangerschaft oder rund um das Thema Schwangerschaft zur Seite stehen. Ich möchte ihnen Mut machen, dass ein Ende auch immer ein Anfang sein kann und sich oft alles, so wie bei mir zum Positiven wendet.
Dieser Bericht stammt von Bernadette Kohlweis. Wenn Sie selbst von Kindesverlust etc. betroffen sind, so können Sie hier mit Frauen in Kontakt treten, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben: https://www.facebook.com/Wandelstern-102509245268792
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