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Klarstellung zur ZIB 2 vom 18. März 2019

Klarstellung zur ZIB 2 vom 18.03.2019 um 22.00 Uhr – Interview Armin Wolf mit Peter Husslein

In der ZIB 2 vom 18.03.2019 wurde Peter Husslein, Leiter der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am AKH in Wien, von Armin Wolf zum Thema Spätabtreibung und #fairändern befragt. Es ist sehr schade, dass keiner der Initiatoren von #fairändern ins Studio zu einem Gespräch eingeladen wurde. Im Zuge einer neutralen Berichterstattung wäre dies sehr wünschenswert gewesen. So kam es, dass während des Interviews einige Missverständnisse und ungeklärte Fragen aufgetaucht sind, die wir nun hier gerne beantworten würden.

 

Warum ist der Begriff „eugenische Indikation“ angemessen?

Peter Husslein spricht vom „Versuch die Diskussion in Richtung Eugenik zu treiben. Und das ist natürlich total unehrlich, weil in Wirklichkeit geht es darum, der Frau die Autonomie zu ermöglichen.“ Doch warum ist der Begriff „eugenische Indikation“ angemessen und wieso benutzen wir ihn?

1) Öffentlicher Sprachgebrauch in Österreich:

2) Fachbegriff der juristischen Literatur – als Äquivalent wird der Begriff „embryopathische Indikation“ verwendet. Siehe beispielsweise:

3) Der Begriff „eugenische Indikation“ zeigt klar auf, dass es sich hierbei um eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderung handelt. Verschiedene Vereine, die sich für Menschen mit Behinderung einsetzen, verstehen diese auch so. Diese Diskriminierung wurde in der Vergangenheit von der UNO eindeutig verurteilt:

„Der UN-Fachausschuss zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat schon bei Österreichs Staatenprüfung 2013 festgehalten: Es sei „jegliche Unterscheidung des Zeitrahmens, in dem ein Schwangerschaftsabbruch nach dem Gesetz ausschließlich aufgrund von Behinderung möglich ist, abzuschaffen“.“

 

Was ist eine “schwere Schädigung” und darf “nur” bei einer schweren Schädigung spät abgetrieben werden? In einer Stellungnahme zu #fairändern legte das Justizministerium dar, in welchen Fällen eine Spätabtreibung zulässig wäre. Dabei stellt sich heraus, dass nicht bloß tatsächlich schwere Schädigungen ein Grund für Spätabtreibungen sind: Neben den Missbildungen von Gliedmaßen fallen darunter das Down-Syndrom aber auch Blindheit (!), Taubstummheit, Epilepsie, Psychosen, Schizophrenie und anderes. Es reicht am Beginn des 4. Schwangerschaftsmonats eine 30-prozentige Wahrscheinlichkeit. Übrigens ein Beleg dafür, dass bereits jetzt auf Verdacht hin abgetrieben wird.

 

„Selbstregulation/Selbstbeschränkung“ – Peter Husslein spricht mehrmals von einer „Selbstregulation/Selbstbeschränkung“ der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie, betont aber ebenfalls, dass das Gesetz diese „nicht vorsieht“. Dies gilt auch für das Down-Syndrom (Trisomie 21). Der Bürgerinitiative #fairändern geht es aber genau um diese gesetzliche Regulation – was wäre, wenn die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie diese Selbstbeschränkung eines Tages aufheben sollte? #fairändern aber setzt sich für eine gesetzliche Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung ein.

 

Trisomie 21/Down-Syndrom – Peter Husslein spricht davon, dass Kinder mit Verdacht von Trisomie 21 nach der 22. Schwangerschaftswoche nicht mehr abgetrieben werden. Da Kinder ohne Verdacht auf Behinderung nach der 14. Woche nicht mehr abgetrieben werden dürfen, ändert diese Situation also nichts an der Diskriminierung gegen die #fairändern auftritt.

 

„Werden nur in spezifischen Zentren und nach interdisziplinärer Diskussion durchgeführt, die die Erfahrung haben“ – Gelten diese Bestimmungen für alle und werden diese überprüft? 2002 unternahm Peter Husslein laut einem Bericht des ORF als erster Arzt in Österreich den Fetozid, in seiner Privatordination:

Kurz nach diesem Symposium wurde in der Privatordination von Peter Husslein ein solcher ,Fetozid‘ durchgeführt. Am Wiener AKH wurde dann die Totgeburt eingeleitet: ,Ich habe gefunden, dass es unehrlich ist, sich intellektuell zu einer Sache zu stellen und anschließend dann aus Feigheit die Patienten irgendwohin ins Ausland zu verschicken.‘“

 

„Vervierfachung der Abbrüche“ – Peter Husslein spricht von einer „Vervierfachung der Abbrüche“, sollte die eugenische Indikation gestrichen werden. Woher stammt diese Zahl? Für diese Annahme gibt es keine Indizien. Deutschland, wo 1995 die eugenische Indikation gestrichen wurde, zeigt, dass damit nicht zu rechnen ist: Bei genauerem Hinsehen auf die Statistiken in Deutschland fällt auf, dass im letzten Jahr der eugenischen Indikation, 1995, 4.897 Abbrüche aufgrund der medizinischen Indikation und 668 aufgrund der eugenischen Indikation vorgenommen wurden. Im ersten Jahr nach Abschaffung der eugenischen Indikation, 1996, wurden 4.818 Abbrüche aufgrund der medizinischen Indikation und 0 aufgrund der eugenischen Indikation vorgenommen, also weit weniger als im Jahr davor. Der Trend setzt sich fort: 1997 4.526 Abbrüche, 1998 4.338 Abbrüche, usw. 2017 waren es 3.911 Abbrüche aufgrund der medizinischen Indikation und immer noch 0 aufgrund der eugenischen Indikation. Gleichzeitig ging in Deutschland auch langfristig die Gesamtzahl an Abtreibungen zurück.

 

„Auf Verdacht hin wird abgetrieben“ – Peter Husslein zeichnet ein Szenario, das bereits jetzt existiert. Auch heute wird auf „Verdacht hin abgetrieben“. Nicht zuletzt aufgrund der sogenannten „Schadensjudikatur“, die vorsieht, dass Ärzte bei einer Fehldiagnose zu Schadenszahlungen verurteilt werden können, sollte ein Kind mit Behinderung auf die Welt kommen und der Arzt dies nicht erkannt oder erwähnt hat. Peter Husslein selbst ist einer der prominentesten Befürworter dieser Regelung.

 

„Abbruchtourismus“ – Es gibt auch einen „Euthanasie-Tourismus“ und „Leihmutterschaft-Tourismus“. Die Tatsache, dass Einwohner in andere Länder reisen, um in Österreich strafbare Handlungen zu vollziehen, ist kein Grund diese Illegalität aufzuheben.

 

„Die Unterstützung von Frauen mit behinderten Kindern lässt sehr zu wünschen über“ – das ist leider richtig. Deswegen ist dies auch eine der zentralen Forderungen von #fairändern: Breitgefächertes Beratungs- und Unterstützungsangebot für Eltern, die ein Kind mit Behinderung erwarten oder bereits eines zur Welt gebracht haben, sowie die Kommunikation dieser Angebote an betroffene Frauen.

 

„Frauenfeindliche Regelung“, weil Frauen mit behinderten Kindern von ihren Partnern im Stich gelassen werden. Die Lösung muss also darin bestehen, dass betroffene Männer mehr Verantwortung zeigen und gleichzeitig die Gesellschaft diese Frauen mit offenen Armen empfängt, ihnen Unterstützung, Mitgefühl und Liebe zukommen lässt. Genau dafür steht #fairändern.

 

Beschreibung des Fetozides – Gegen Ende des Interviews beschreibt Peter Husslein deutlich, wie ein Fetozid vorgenommen wird. Lassen wir ihn selbst zu Worte kommen:

Peter Husslein (18:42 – 19:08): „… wir nach der 22. Woche nicht einfach einen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch durchführen können, sondern tatsächlich einen Fetozid, also wir müssen das Kind vorher töten, bevor es zur Fruchtausstoßung kommt, weil ja das Kind nach der 22. Woche potentiell leben würde, und wenn wir das nicht machen würden, würde ein schwerbehindertes Kind unter Umständen tagelang einen Todeskampf vor sich haben.“

Armin Wolf (19:08 – 19:12): „Das Kind wird also noch im Mutterleib mit einem Herzstich getötet.“

Peter Husslein (19:11-19:20): „Ja, mit einem Stich durch die Nabelvene oder durch das Herz, sodass gewährleistet ist, dass das Kind bei der Auslösung von Wehen tatsächlich schon tot ist.”

 

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