Kindermund

Ab und zu will uns das Leben mit seinen komplexen moralischen Fragen an die Wand stellen. Da ist guter Rat teuer!

Eine Erzählung von Petra Plonner, Erstunterzeichnerin der Bürgerinitiative #fairändern:

Ein altes Sprichwort sagt: „Kindermund tut Wahrheit kund“. Es bezieht sich wohl auf den Mangel an Diplomatie, den Kinder in so manchen Gesprächen aufweisen. Aber das kann auch ganz schön hilfreich sein: Denken wir nur an „Des Kaisers neue Kleider“. Hier war es ein Kind, das sich nicht von den Eitelkeiten der Erwachsenen einlullen ließ und einfach sagte, was es sah: Der Kaiser war nackt. Was für eine Erleichterung hat diese (undiplomatisch formulierte) Erkenntnis gebracht!

Für die Parlamentarische Bürgerinitiative #fairändern gibt es für mich als Erstunterzeichnerin so einiges zu tun: Texte sind zu verfassen, Leute zu besuchen, Clips zu drehen. Hauptberuflich aber betreibe ich eine Privatschule und einen Kindergarten. Als ich vor kurzem früher weg musste, fragten mich die Kinder der dritten und vierten Klasse Grundschule, was denn der genaue Grund für meinen Einsatz ist. Ich bin überzeugt davon, dass man Kindern ihre Fragen bestmöglich und alterssensibel beantworten soll.

Da stand ich nun und musste acht- bis zehnjährigen Kindern erklären, was eine Abtreibung ist. Wir hatten schon über Sexualität im Allgemeinen gesprochen und auch darüber, wie ein Kind entsteht. Ich erinnere mich an den Glanz in ihren Augen, als sie ihre eigenen Babygeschichten, die sie von Mama und Papa gehört hatten, erzählten: Wie sich alle auf ihre Ankunft gefreut hatten, wie knuffig sie ausgesehen hatten (zum Beweis wurden Babyfotos herumgezeigt) und vieles mehr. Das waren schöne Schulstunden gewesen! Aber nun? Wie erkläre ich ihnen eine Abtreibung?

Mit aller Diplomatie, der größten Weisheit und dem bestmöglichen pädagogischen Geschick versuchte ich ihnen den Schwangerschaftsabbruch so sanft wie möglich begreiflich zu machen. Ohne Erfolg. Das Entsetzen stand ihnen auf dem Gesicht geschrieben. Keine meiner guten Erklärungen schien bei ihnen zu landen. „Du meinst also, sie bringt das Baby nicht zur Welt, sondern …?“

Noch lange musste ich über dieses kurze Gespräch nachdenken. Ein Baby gehört zur Welt gebracht, in die Arme genommen und angelächelt. Und basta. Das schien ihre – wieder einmal undiplomatische aber doch sehr klare – Aussage zu sein. Niemand hatte ihnen das vorher eingetrichtert. Sie sprachen einfach aus, was sie in ihrem Herzen fühlten.

Ich überlege mir, in Zukunft öfter die Kinder zu fragen, wenn ich vor komplizierten moralischen Fragen stehe.

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